Es war wieder Zeit für einen Zwischenbericht, wieder sollte niemandem etwas vorenthalten werden und so sind wir erneut hier.
Durch meinen Wechsel nach Georgien, ende Februar, hat sich sowohl auf der Arbeit, als auch im Privaten vieles geändert.
Ich arbeite jetzt in der Lebensgemeinschaft Temi, wo ich mich hauptsächlich um die Bewohner*innen kümmere. Morgens, vor dem Frühstück helfe ich beim abtrocknen und Zähneputzen, nach dem Frühstück mache ich dann mit anderen Freiwilligen zusammen eine Gruppenstunde. Diese dauert eine bis anderthalb Stunden und wir machen Sachen wie malen, kleistern, nass-filzen und schleifen von Holz. Wenn gutes Wetter ist, gehen wir auch gerne mal raus, bauen einen kleinen Parkour oder spielen mit Bällen und Reifen. Nach dem Mittagessen und einer kurzen Mittagspause gibt es, wenn das Wetter nicht all zu schlecht ist, einen Spaziergang. Nach diesem sind keine Aktivitäten in der Gruppe mehr geplant. In der Zeit bin ich manchmal in der Werkstatt, im Moment baue ich zwei Regale, oder hacke Holz, um den Vorrat für den Winter aufzufüllen. Die Zeit bietet sich aber auch gut an, um nochmal in Einzelstunden mit einer Bewohnerin zu gehen. Dort kann man besser auf die Bedürfnisse und Wünsche eingehen, als in der großen Gruppe. Das ist auch der nächste Schritt, den ich in den nächsten paar Tagen zum ersten Mal wagen möchte, obwohl es sprachlich noch immer eine Herausforderung ist.
Die Arbeit in Temi ist in diesem Sinne angenehm, weil kein Druck dahinter steht. Es gibt natürlich Aufgaben welche gemacht werden müssen. Aber andere, die nicht ganz so wichtig sind, kann man für einen Tag ruhen lassen und dann daran arbeiten, wenn man mehr Motivation aufbringt. Man kann viel im Moment leben, zum Beispiel während eines Spaziergangs oder in der Werkstatt, und wird nur selten von der Zukunft abgelenkt. Was auch noch mal dazu beiträgt, dass der Stresspegel durch die Arbeit selber sehr niedrig gehalten wird.
Beim Zwischenmenschlichen ist das natürlich eine etwas andere Sache. Mein Zimmer und den Freiwilligenraum trennt nur eine Decke, gleichzeitig ist mein Zimmer ein Durchgangszimmer, um zum Lager zu kommen. Dadurch ist Privatsphäre nicht sehr viel gegeben. Wobei das noch ok ist, ich denke mal das Hauptproblem ist, dass der Platz mit dem besten Internet unmittelbar vor der Zimmertür ist, und diese nicht sehr dick ist. Über den Tag gibt es kaum Momente, wo dort nicht jemand sitzt und laut Videos guckt. Um dem Wunsch des alleine Seins zu lösen, möchte ich eine alte Plattform in einem Baum, am Rand des Grundstückes, wieder begehbar machen.
Ansonsten ist es manchmal schwierig “Nein” zu sagen und Grenzen aufzustellen, da es Personen gibt, die darauf mit physischer Gewalt antworten. Ich denke mal, dass wird mit die größte Baustelle sein, auf der ich in den nächsten paar Wochen und Monaten arbeiten werde.
Durch die anderen Freiwilligen bin ich sehr schnell in Community gerutscht. Ich spiele Abends oft Kartenspiele, mit ihnen oder anderen Bewohnern und würde sagen, dass ich besonders sozial gesehen gut angekommen bin.
Nach inzwischen fast zwei Wochen Arbeit hat sich, was die Gruppenstunden betrifft, schon so etwas wie ein Trott eingeschlichen, und ich arbeite grade daran, wie ich da wieder raus komme.
Auch was die Sprache betrifft stehe ich ja noch komplett in den Anfängen, wobei ich die Buchstaben inzwischen alle lesen kann. Dennoch möchte ich natürlich mehr in diese Richtung lernen, um mich besser mit den Menschen hier verständigen zu können.