Der Oktober war… ereignisreich. Es startete schon mal gut, als ich zum 3. Oktober zu einer Feier der Deutschen Botschaft eingeladen wurde. Um den Tag der deutschen Einheit zu feiern, ging es also wieder zurück in die Hauptstadt Duschanbe. Mit dem Taxifahrer, der mit vom Terminal abgeholt hat (das Terminal, wo die Autos auf Chudschand ankommen und abfahren), habe ich mich recht gut verstanden. Er hat mit ins Zentrum der Stadt gefahren, zu meiner Wohnung, welche ich mir über AirBnB gemietet hatte. In die Wohnung zu kommen, war schwieriger als gedacht. Ohne Videos zu den Eingängen ist es allgemein sehr schwer, in die Hochhäuser zu kommen. Alles schrecklich verwinkelt. Nachdem ich meine Sachen in der Wohnung abgestellt hatte, ging ich wieder runter und bin mit dem Taxifahrer essen gegangen. Er hatte mich in ein Restaurant eingeladen, welches berühmt für Plov sein sollte. Es war tatsächlich auch verdammt lecker. Und viel. Locker die doppelte Portion, die ich Zuhause esse. Voll gefuttert ging also der nette Taxifahrer wieder an die Arbeit und ich zurück ins AirBnB, um mich für die Feier fertig zu machen. Ich hatte für das Event sogar extra einen Jumpsuit nähen lassen. Was wirklich dramatischer klingt, als es ist. Mir ist am 2.Oktober gegen 21Uhr aufgefallen, das ich nicht ein Kleidungsstück für eine festliche/offizielle Feier mitgebracht hatte. Also ich dachte ich hatte, aber Familienmitglieder in Deutschland und Tadschikistan waren der Meinung, dass das ausgewählte Kleid nicht gut genug sei. Danach hatte mir meine Gastmutter noch schnell den Jumpsuit genäht. Gegen 18Uhr ging ich also zu dem Hotel, in dem die Feier sein sollte. Praktischerweise war dieses Hotel nur eine Straße weiter. Nach dem Händeschütteln mit dem Botschafter, Vizebotschafter und irgendjemandem von der tadschikischen Regierung war sie da. Die gähnende Langeweile. Immerhin kannte ich niemanden und die meisten waren in einem Ich-habe-schon-30-Jahre-Berufserfahrung-Alter. Nun, da half nichts und nachdem ich mir gesagt hatte, das ich schließlich hier bin, um zu sozialisieren und neue Kontakte zu knüpfen, stellte ich mich zu der nächsten Gruppe bei den Getränken. Das eine kam zum anderen, hier kannte da jemanden und Mitte des Abends hatte ich bereits den deutschen Freiwilligen, welcher in Duschanbe an einer Schule arbeitet, einen Franzosen von einer französischen Firma und einen weiteren Deutschen kennengelernt. Sowie jemanden vom DAAD (Deutscher akademischer Austauschdienst), der Hans Seidel Stiftung und der GIZ (Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit). Einer von der pakistanischen Botschaft war auch mit dabei, sowie der Leiter der Europäischen Bank in Zentral Asien. Die meisten kannten sich schon untereinander. Die Internationalencomunity in Duschanbe ist um weiten größer, als die in Chudschand und neben kleineren Veranstaltungen gibt es auch noch magische Wanderungen, auf denen sich alle möglichen Menschen kennenlernen.
Diese ganzen Menschen sowie noch viele weitere von der Botschaft (u.a. der Botschafter selber) machten mit ihren Gesprächen meinen anfangs kritisch wirkenden Abend zu einem sehr angenehmen und interessanten.
Zurück in der Wohnung wollte ich noch ein bisschen das WLAN ausnutzen, was ich dort hatte (bekanntermaßen habe ich ja Zuhause kein WLAN). Und gegen 0Uhr legte ich mich schlafen.
Schlaf finden konnte ich jedoch keinen. Es war zu war. Und ich hatte mindestens 3 Mücken in meinem Zimmer, welche mich immer dann gestochen haben, wenn der Mückenstich zuvor aufgehört hatte zu jucken. Als meine einzige Gegenwehr hatte ich nur die Klimaanlage. Mein Mückenspray hatte ich in Chudschand gelassen. Nachdem 20°C nicht genug waren, um die Ausgeburten der Hölle ins Eisstadium zu schicken, stellte ich auf 15°C runter. Soweit ich weiß, ließen sie mich dann in ruhe. Und für eine halbe Stunde konnte ich meine Augen schließen. Genau so lange, bis sich mein Körper, Bett und Deckenlampe bewegt haben. Und so, liebe Damen und Herren, durfte ich mein erstes Erdbeben alleine, im 9.Stock, völlig übermüdet und mitten in der Nacht, erleben. An Schlaf war daran nicht mehr zu denken. Es war 3Uhr Nachts und mein Körper hat bis gut 8Uhr Morgens gebraucht, um das Adrenalin wieder abzubauen. Ich hab also eine Serie die ganze Nacht gesuchtet und bin am nächsten Morgen wieder zurück nach Chudschand gefahren. Zuvor hatte ich noch meine Vermieterin gefragt, ob sie das Erdbeben gespürt hatte, sie verneinte. So wie auch der 1. und der 2. Taxifahrer. Als ich später Muinakhon gefragt hatte, meinte sie, dass die Erdbeben so normal sind, dass sie keiner wirklich merkt. Im Laufe des Monats gab es noch ein, zwei weitere Beben, welche mein Herz schneller klopfen ließen, von denen wieder niemand etwas spürte.
Die Woche nach der Feier war… stressig. Es fand die Deutschlehrertagung in Chudschand statt, zu der ich auch eingeladen war. Dort habe ich wieder viele Professoren und Leiter von deutschen Sprachschulen kennengelernt, welche gefragt haben, ob ich nicht ihnen helfen kann. Auch viele Studenten haben mich angesprochen. Viel ist daraus noch nicht geworden, weil ich mir nicht vorstellen kann, neben der Arbeit auch noch in meiner Freizeit Menschen auf einem maximalen A2 Niveau, welche keine Lust haben zu lernen, zu unterrichten. Auf der Tagung habe ich auch den Leiter des Goethe-Instituts in Taschkent (Hauptstadt von Usbekistan) kennengelernt und ein bisschen über so WLAN auf der Arbeit gesprochen (wenn ich mir Projekte ausdenken soll, brauche ich auch einen bestimmten Grad an Internet dafür). Viel ist daraus leider nicht geworden, es gibt Probleme deswegen in der Schule, deswegen ist mein Arbeitsplatz die einzige Schule, die kein WLAN hat.
Im Laufe der Woche hatte ich einige… Gespräche, bei denen ich verschiedenes feststellen konnte. Als erstes ist es nicht üblich, anderen zu sagen, wenn sie einen Fehler machen. Und wenn dieser Fehler wiederholt wird, behält man das so lange in sich, bis alles als eine große Explosion früher oder später wieder an die Oberfläche kommt (sehr gesund und so). Es ist üblich, dass man immer, jeden Tag zu jeder Minute, ein Lächeln auf den Lippen trägt (bevorzugt erweise mit Zähne zeigen). Sonst könnte man traurig oder respektlos rüberkommen. Als nächstes: die Menschen können einem Geschenke in die Hand drücken und einen um Hilfe und Gefallen bitten, und dich gleichzeitig absolut gar nicht leiden. Zu guter Letzt ist deine Sichtweise auf Sachen, Geschehnisse, nicht erwünscht und wird ignoriert. All das durfte ich selber herausfinden, in meinem Buch über Tadschikistan stand leider nichts über die Hierarchie von bestimmtes Verhalten auf dem Abseitsplatz.
Nun, durch Erfahrungen lernt man und nachdem diese Erfahrung die erste Hälfte des Monats auf ungewohnte Weise beschissen gemacht hat, war die zweite Hälfte milde gestimmt. Ich habe es geschafft, an den Samstagen, wo das Schwimmbad für Frauen geöffnet war, schwimmen zu gehen. Auf der Arbeit habe ich in den Stunden, in denen ich nichts zu tun hatte (welche erschreckend viele sind) Kartenspiele gebastelt. Eins davon war ein Memorie-Spiel mit Berufen (auf einer Karte war der Beruf in deutsch und auf der anderen Karte der Beruf auf russisch). Das Basteln hat mich beschäftigt und ich war sehr stolz, auf das Ergebnis. Rechtzeitig vor den Herbstferien bin ich mit beiden Spielen fertig geworden. Am letzten Tag wurde sogar ein Bisschen Halloween in der Schule gefeiert und ich habe mir erlaubt, alte Klassentraditionen in Tadschikistan zu feiern. So haben wir einige Spiele gespielt, die ich früher mi meiner Klasse vor Halloween im Englischunterricht gespielt habe.
Eine Gasttocher und ich waren den einen Tag spazieren und wir sind etwas… vom Weg abgekommen. So kletterten wir gute 30Min über Steine, auf der einen Seite Wand und auf der Anderen der Fluss, der durch Chudschand fließt. Und das nur, weil ich nicht umkehren und nach einem neuen Weg suchen wollte. Als wir von den Steinen runter sind, sah die eine Stelle relativ trocken und fest aus. Was sie in keinster Hinsicht war. Ruck-zuck steckte ich mit dem einen Bein bis zu Knie im Modder, aus bin ich nur gekommen, weil die Gasttochter an mir gezogen hat. Alleine hätte ich das nicht geschafft xD. Und zum Glück war es ich, die dreckig wurde. Mich konnte keiner dafür anmeckern. Gelacht haben wir beide auf jeden Fall.
Sonntags helfe ich 2 Stunden bei einer Art-Therapie für Kinder mit Down-Syndrom. Inzwischen ist es ganz lustig, am Anfang war ich eher überfordert. An einem Sonntag im Oktober kam ein Bloggerteam und wollte über die Therapie berichten. Nur war das, was dann an dem Sonntag war, keine Therapie mehr. Mit lauter Musik im Hintergrund sollten die Kinder ohne irgendeine Aufgabe einfach so drauf los malen, was in einem kleinen Desaster endete (das aufräumen und saubermachen hat genau so lange gedauert, wie die Kinder gemalt haben). Zum Schluss gab es dann noch Torte und Softgeränke, welche die Kinder komplett hibbelig machten. ...Den Sonntag danach war ich sehr froh, dass es wieder wie vorher war, mit einem Plan zum Basteln, keinem unnötigen Zucker und ohne Musik.
Kurz vor Ferienbeginn hatte ich auch endlich alle Unterlagen von der Schule zusammen, die ich für die Verlängerung meines Visums gebraucht hatte. Am 30.Oktober ging es also wieder in die Hauptstadt, diesmal für mein Visum. Der Termin war erst am 2.November, daher hatte ich Zeit, die Stadt zu erkunden. Geschlafen habe ich bei einem Deutschen, der vor 5 Jahren der Freiwillige in Duschanbe war, und während ich in Duschanbe sein würde, in Chudschand war. Zusammengefasst hab ich bis Donnerstag sämtliche Parks in einem 2km Radius um die Wohnung erkundet, bei Tag und bei Nacht (bei Nacht gibt es überall einen Haufen schöner Lichter). Beim erkunden habe ich festgestellt, das wirklich alle bunten Pflanzen zum dekorieren benutzt werden. Und so war grade die Zeit, das viele Beete mit Kohl bepflanzt waren. Ich war einkaufen und habe mich größtenteils von Shawarma ernährt (wenn es nur 2€ kostet, wer kann da widerstehen?). Einen Tag war ich in ´nem zziemlich großen Museum über die Geschichte Tadschikistans, was sehr beeindrucken war. Nicht nur, wann zum Beispiel die ersten Menschen in Tadschikistan waren und wie das Christentum, der Hinduismus und der Islamismus die Menschen hier über die vielen Jahrhunderte geprägt haben. Wie sich die derzeitige Kultur in Kleidung und Schmuck widerspiegelt und welche Religion was erbauen ließ (richtig krasse große Tempel, Moscheen und Kirchen). Einen Abend war ich mit Menschen Georgisch essen (sehr lecker) und habe jemanden aus Kasachstan kennengelernt. Halloween war ich mit dem Freiwilligen aus Duschanbe essen und durfte beobachten, wie im Restaurant Bierpong aber mit Vodka-Soda gespielt wurde. Am Donnerstag, nach dem abgeben der Dokumente (mein Pass ist noch in Duschanbe, ich bekomme ihn wahrscheinlich Mitte/ende des Monats wieder), sind wir noch den Botanischen Garten erkunden gegangen. Danach bin ich zu einem Vieh-Markt, den ich auf Google Maps gesehen hatte. Es gab einen Markt (enttäuschend klein), aber keine (lebendigen) Tiere, ich suchte also weiter oben weiter und als ich am anderen Ende wieder raus kam, gab es immer noch keine Tiere. Ich sah aber auf Google Maps, dass ein großer Park, in dem ich noch nicht wirklich war, ganz in der nähe war. 15Min. Zu Fuß, maximal. Nur musste ich dazu weiter den Berg (für Menschen, die in den Bergen aufgewachsen sind, war es ein Hügel) hoch. Da ich wusste, dass der Park auch auf einem Berg ist, dachte ich mir nichts weiter dabei und ging los. Ganz oben angekommen sah ich, dass der Park wirklich nur 10Min. Entfernt war. 10Min LUFTLINIE. Denn ich war auf dem einen Berg und der Park auf dem Anderen, zwischen uns ein kleines Tal, stark bewohnt. Heißt also, ich konnte nicht mal querfeldein den Berg runter gehen, sondern musste mich durch die verwinkelten Straßen schleppen, welche bestimmt ein architektonischer Albtraum waren. Zum Glück gab es nur auf dem ersten Berg Häuser. Sobald ich am Fuß des anderen angekommen war, hatte ich die Wahl, entweder einen 1km langen Umweg zu nehmen, auf etwas, was man nur mit zwei zugedrückten Augen als Straße bezeichnen konnte, oder, wie vorher schon gewünscht, einfach querfeldein gehen. Natürlich bin ich kein Mensch für lange Umwege und bin den ersten Trampelpfad den ich gefunden hatte, nach oben gestrackselt (ich hoffe wirklich, das ist richtig geschrieben). Nach 5Min hatte ich mich 10 Meter in die Höhe und gute 3 Meter weiter in den Park begeben (macht selber die Rechnungen zum Steigungswinkel). Okay, vielleicht etwas übertrieben… ich hab 10Min gebraucht. Und danach noch mal 10Min Pause xD. Die nächste halbe Stunde ging es so weiter, wobei die Steigung zum Glück mit der Zeit abnahm. Der Park, in dem ich war, hieß Siegespark (Sieg über die Deutschen im 2. Weltkrieg) und als ich ihn mir noch auf dem anderen Berg über Google Maps angeschaut hatte, stand dort „weniger Besucher als gewöhnlich“. Nun, in Mitte des Parks stehend, stand dort „mehr Besucher als gewöhnlich“. Ich war die einzige Menschenseele weit und breit… Und wenn ich Mitte sage, meine ich wirklich Mitte, was viel weiter war, als am Anfang geplant (durch das querfeldein bin ich etwas nach links gegangen und landete deshalb dort). Der Park an sich war… kein Park. Es war ein Stückchen Natur, größtenteils unberührt, das irgendwer Park getauft hat. Klingt eigentlich ganz schön, unberührte Natur hieß allerdings in diesem Fall vertrocknete Bäume und Gras. Von ganz oben konnte man ein Bisschen über die Umgebung schauen, was sehr schön war. Die Umgebung an sich war aber auch nicht anders, als der Park. Ich machte mich also richtung Monument auf dem Weg, welches Gott sei dank näher an der Stadt war (auf einer „Straße“ stand ein neues Auto mit Licht an und laufender Musik, aber kein Mensch war zu sehen. Da wurde mir bewusst, dass die Worte „Ich habe nichts gesehen und weiß nichts“ in meinem Russischwortschatz befinden. Nur für den Fall und so). Nach weiteren 20Min wandern kam ich beim Monument an, leider aus der falschen Richtung, was die Menschen, die Dort arbeiteten, komisch gucken ließ. Das Monument und der Graten drum herum waren sehr schön gemacht. Von dort aus zur Zivilisation dauerte es auch nur 10Min.
Am Freitag Abend war ich durch Kontakte noch kurzfristig zu einer Halloweenparty eingeladen. Demnach habe ich den ganzen Freitag davor damit verbracht, noch etwas in Richtung Kostüm zu finden. Nach gut 3std hatte ich endlich einen Laden mit verschiedenen Masken gefunden. Leider keine Kostüme, extra Schminke oder gar Fake-Blut. Nun, eine Maske reichte auch aus und so war ich ein in schwarz gekleidetes Etwas, vor dem man angst im dunkeln hätte. Ich wusste, dass eine Person, die auch auf die Feier gehen würde, auch kein Kostüm hatte und habe ihm dann den Laden für die Masken gezeigt. Was zu einem lustigen Zufall führte. Während ich komplett in schwarz gekleidet mit schwarzer Maske kam, kam er komplett in weiß gekleidet mit weißer Maske. Unabgesprochen hatten wir ein Partnerkostüm. Die Party selber war toll, wir haben Scharade und andere Spiele gespielt, bis wir gegangen sind, weil ein Paar Menschen einen nicht ganz ungefährlichen Absturz hatten und die Hälfte, die nicht dort geschlafen hat, gebeten wurde zu gehen. Danach ist der Rest noch zu KFC gegangen für einen Mitternachtssnack, die Russen meinten, dass die Party ein voller Erfolg war xD. Ich hab auf der Party jemanden aus Turkmenistan, Indien, zwei aus Pakistan, zwei aus Amerika und andere Menschen kennengelernt. Oh und ich glaube alle Deutschen, die in Duschanbe und in einem Party-alter waren, waren auch dort xD
Samstag Mittag haben die Person aus Kasachstan und mit mir 4 Deutsche einen Tanzkurs gemacht. Der Tanz war ein traditioneller georgischer/kaukasischer Tanz und am Ende, sowie am nächsten Tag, sind mir meine Schultern fast abgefallen. Von Samstag auf Sonntag habe ich bei der Kasachin unter kommen dürfen und bin dann Sonntag morgen wieder nach Chudschand gefahren. Das nächste Spannende was ich hier gemacht habe, war als ich grade in einer Schreibpause in die Küche gegangen bin und versucht habe, Brot zu formen. Natürlich die tadschikische Brotform, bin dabei kläglich gescheitert xD.