Der Januar startete hektisch. Unter anderem, weil ich den Geburtstag von Muinakhon später eingeschätzt habe, als er war. Wobei man mich hier nicht falsch verstehen sollte… Ich wusste das Datum ihres Geburtstages, doch durch die Ferien gingen die einen Tage in die anderen über und auf einmal war ihr Geburtstag vor der Tür. Ich habe einen Haufen Bilder ihres lieblings Anime Charakter (sie ist sowasvon ein simp für Gojo) ausgedrucht, ausgeschnitten und auf einen Kuchen gesteckt. Dazu habe ich ihr noch ein Armband geschenkt (wobei ich glaube, dass sie sich über den Kuchen mehr gefreut hat xD).
Es gab an ihrem Geburtstag Abends Plov, dieser wurde draußen über einem Feuer gekocht. Es hat mich gefreut, dass wie dafür keinen Müll verbrant haben :)
Am nächsten Tag war ich dann wieder beim Tanzen, das erste mal im neuen Jahr. Dort wurden die ganzen Kostüme und Gewänder für die traditionellen Tänze aus dem Schrank geholt. Alles irre bunt aber auf eine schöne Art.
Die Schule startete entspannt, man hat deutlich den Unterschied, zu vor den Ferien, bei den Kindern gemerkt. Nun, lange hielt das nicht, ich glaube nur die ersten zwei Wochen oder so. Danach wurden sie wieder schneller unaufmerksam, haben Leher ignoriet und angefangen sich zu prügeln. Ich schätze mal es ligt daran, dass sie nur einen Tag in der Wochen haben, um sich auszuruhen.
Nach der ersten Woche habe ich angefangen, in den 3. und 4. Klassen zu helfen. Das hieß also, alles noch mal von vorne. Ich habe mir meinen Mund tot gelabert beim Vorstellen und wurde die ganze Zeit mit großen Augen angeguckt. Na wenigstens waren die niedlicher als die älteren Klassen und haben auf das gehört, was ich gesagt habe. Und sie haben interessanterer Fragen gestellt, wobei das Staunen immer sehr groß war, wenn ich gesagt habe, das ich aus Deutschland komme xD Vorgestellt habe ich mich da 12 mal, es gibt nämlich acht 3. Klassen und sechs 4. Klassen… An dem Punkt war ich froh, dass die zeht 2. Klassen noch keine Fremdsprachen haben. Auf jeden Fall crazy, wie viele Klassen das sind.
Mit den unteren Klassen wird natürlich anders umgegangen, als mit den kreischenden Teenagern, die nicht wissen, wie man sich halten soll. Zum Beispiel lernen die Klassen Gedichte und Sprüche. Das Problem hierbei ist nur, dass alle Klassen die selben lernen. Wenn ich also Freitrag Vormittags die 4. Klassen hatte und Nachmittags die 3. Klassen, haben mich auf dem Weg nach Hause diese Sprüche begleitet (Top 3):
Guten Tag, Guten Tag,
Hallo wie geht’s?
Guten Tag, Guten Tag,
Hallo wie geht’s?
Danke, prima, gut,
Danke, prinma, gut.
Tschüss, auf Wiedersehen,
Tschüss, auf Wiedersehen.
Oder:
Sonne, Sonne,
komm und scheine.
Für die Großen,
für die Kleinen.
Und:
Es regtnet, es rgenet,
alles wird nass.
Die Tiere, die Bäume,
die Blumen, das Gras.
… Jap, und so was ging mir dann stundenlang durch den Kopf. Das Leben ist nicht einfach, aber die kleinen, teilweise selbstgemachten Geschenke, die ich von den Kindern bekommen habe, haben das alles wieder wett gemacht.
In den 5. und 6. Klassen gab es zu Anfang des neuen Jahres das Thema „alte Berufe“, wo sie sich einen Beruf aussuchen und diesen malen sollten. Zu dieser Zeit habe ich so was von gelernt, einen Amboss plus Schmied zu malen, da bin ich stolz drauf! Denn natürlich konnten nicht viele das malen, was sie sich ausgedacht haben, und so musste hier und dort geholfen werden. Das lustigste an dem Thema waren allerdings die Kinder, die den Lampenzünder bei der Arbeit gemalt haben. Also eine Person, die früher die Straßenlaternen, per Hand, einzeln, angemacht hat. Von den malerischen Künsten von Mittelstufenschülern mal ganz abgesehen, haben viele Kinder Autos mit in die Bilder gemalt. Neue, moderne Autos, teilweise auch Ampeln dazu. Ich fand das schreklich lustig, die Lehrerin glaube ich… nicht so sehr.
Ansonsten ist der Malunterricht ehr beunruhigend, finde ich. Wenn es ein Thema gibt wie z.B. die Pyramiden in Ägypten oder einen Elefanten an einem Wasserloch, so gibt es nicht oft Probleme. (Also außer, dass sie nicht zuhören und deswegen nicht wissen, wie man etwas malen soll). Denn bei diesen Themen gibt es immer ein Tafelbild, welches entweder die Lehrerin oder ich malen, welches sie nur abmalen müssen. Natürlich dürfen sie das Thema auch nach ihren eigenen Vorstellungen malen, das passiert aber ehr selten. Dann gibt es noch die kreativeren Themen. Zum Beispiel sollen sie ein Kleidungsstück selber designen oder eine Stadt der Zukunft malen. Bei diesen Themen sind die Klassen oft laut und unruhig, weil nicht viele Schüler malen. Genau so gibt es an Tagen, wo diese Themen waren, nicht viele Noten, weil die Kinder die Bilder selbst Zuhause nicht fertigstellen. Miener Meinung nach liegt es daran, dass hier die Fantasie der Kinder wirklich klein ist. Filme schauen oder Videospiele spielen machen alle, ein Buch lesen aber, so gut wie keiner. Das habe ich auch gemerkt, als das Thema war „Helden aus Büchern“ und einige Kinder nicht wussten, was sie malen sollen, da sie keine Bücher lesen und auch nicht wirklich welche vorgelesen bekommen haben. Die Lösung für das Problem war es dann, Märchen die man in den unteren Klassen lernt, mit in das Thema einzubeziehen. Aber bei solchen Themen passiert es oft, dass eine Person eine Idee hat und alle Schüler um die Person herum exakt das gleiche malen, ohne selber nachzudenken.
Die fehlende Kreativität habe ich auch in den älteren Klassen gesehen. Mit meinem A2 Kurs habe ich Kurzgeschichten geschrieben. Also wirklich, wirklich kurze, nur 10-20 Sätze. Über verschiedene Tiere (Hund, Katze, Eule, Pferd). Die Geschichten sollten kein Wikipedia-Atikel oder verbunden mit dem eigenen Leben sein. Sie konnten Fantasie und Magie mit in die Geschichte fließen lassen, mussten es aber nicht. … Und die Aufgaben hat nicht eine Person richtig gemacht. Beim ersten Mal konnte ich es noch verstehen, so eine Geschichte in einer fremden Sprache zu schreiben ist nicht immer einfach. Deswegen sollten sie die nächste Geschichte auf russisch schreiben, mit Wörtern, die sie größenteils auch auf deutsch kennen, und dann die Geschiche ins deutsche übersetzt. Dabei raus gekommen ist ein Artikel (auch noch mit falchen Informationen) über Eulen. Das war dann schreklich frustrierend, auch weil sie Teilweise die Hausaufgaben (die Geschichte fertig schreiben) nicht gemacht haben oder nicht zum Unterricht gekommen sind.
Am 26. Januar hatten wir das erste mal Schnee (in der Stadt), welcher aber sofort geschmolzen ist. Heute (18. Februar) hat es vor einer Stunde auch angefangen zu schneien, dicke Flocken, die wahrscheinlich liegen bleiben. Mal sehen, wie viel das noch wird...
Zwei Tage später war ich dann das erste Mal wandern. In dem kleinen Gebirge direkt vor Chudschand ist unsere Gruppe aus 5 Personen zu dem höchsten Punkt gegangen. Das war erstmal ganz lustig, wir sind größenteils auf Wegen gelaufen, wo auch Autos in die Berge reinfahren. Nun, irgendwann wurde der Weg steiler und felsiger, die Luft zum reden blieb langsam aber stetig weg. Wir waren dann so gut in der Mitte des kleinen Gebirges, als sich eine Person von der Gruppe abgespalten hat. Sie war schon etwas älter und hat gemeint, dass sie auf uns wartet, bis wir wieder runter kommen. Denn der Trampelpfad war vorbei und das Klettern stand uns bevor. Es sah nicht sehr hoch aus… erst als wir gut eine Stunde schon am klettern waren, und nur die hälfe der Strecke geschafft war, wurde mir das genaue Außmas unserer Tour bewusst. Ich habe nicht wirklich viel erwartet (also so etwas, wie gesicherte Wege oder einen klaren Pfad). Allerdings hatte ich auch nicht so wenig erwartet. Und mit wenig mein ich wirklich nix. Unser Tourguide ist zwar den Berg schon mal rauf gegangen, allerdings von einer anderen Seite. Somit mussten wir uns den Weg nach oben neu suchen. Am Anfang war das noch nicht wirklich schwer, wir sind große Steine, die fest im Boden waren, rauf und konnten so gut an Höhe gewinnen. Erst, als wir die losen Steine und das Geröll erreicht hatten, wurde mir leicht flau im Magen. Den auf einmal war der Boden unter meinen Füßen nicht mehr fest, jeder Schritt hat Steine rollen gelassen und wenn ich mein Gewicht falsch verlagert habe, bin ich auch gut mal wieder runter gerutscht. Das an sich war nicht das Problem. Was mir Sorgen gemacht hat war, dass das passiert ist, als wir gute 100% Steigung hatten und es hinter mir weit, weit runter ging. Und da waren wir noch nicht mal an der Spitze. Um so höher wir kamen, umso stärker wurde auch der Wind, natürlich, damit haben wir gerechnet. Was aber gruselig war, war dass der Wind in Böen kam. Es konnte ganz windstill sein und auf ein mal wurde man von den Füßen gerissen. Und weil es keine Bäume gab, konnte man auch nicht wissen, wann es passiert. Ich war dann ganz schön froh, als wir fast an der Spitze waren (obwohl zu diesem Zeitpunkt alles weh getan hat), denn weiter oben gab es wieder großes, festes Gestein, an dem mal sich festhalten konnte, wenn der Wind kam.
Ganz oben war der Ausblick atemberaubend, ich habe die Berge in Kirgistan und den Rest des Gebirges gesehen. Als alle oben waren gab es einen Snack und heißen Tee, wobei unser Reiseführer Geschichten erzählt hat. Unter anderem waren wir, zum Beispiel, so wenige auf der Wanderung, weil wir zu keinem Restaurant gewandert sind. Viele Tadschiken wollen wohl mit dem Auto in die Berge fahren, aussteigen und dann gleich etwas essen, um eine Stunde später wieder ins Auto zu steigen und zurück zu fahren xD. Dank des Windes war es oben eisekalt und so haben wir uns nach 20min wieder an den Abstieg gemacht.
Dieser war übrigens schlimmer, als der Aufstieg. Also zumindestenst für mich. Denn der gähnende Abgrund, der vorher in meinem Rücken war und den ich nur gesehen habe, wenn ich mich umgedreht habe, war nun vor mir und ich bin auch noch darauf zu gegangen. Als der Teil mit dem Geröll kam, ist mir auch das eine oder andere Mal mein Herz stehen geblieben. Ein mal hab ich nicht genau auf den Weg geachtet und bin in einen Teil gegangen, wo nur kleine Steine waren, nirgendwo ein größerer Stein. An dem ich mich festhalten konnte. Natürlich fingen die ersten Steine an zu rollen. Zuerst nur unter meinen Füßen, als ich allerding in einer Stellung zwischen stehen und liegen war (es war steil an der Stelle) fingen auf einmal alle Steine um mich herrum an, weg zu rutschen. Ich glaube mein ganzer Körper war noch nie so angespannt, wie in diesem Moment. Nun, gestorben bin ich nicht, auch wenn ich es mir durch den anfänglichen Erdrutsch kurz vorgestellt habe. Auf dem weiteren Abstieg machte ich mir dann erst meine Knie und dann meine Hüfte kaputt. Sodass, als wir bei der zurückgebliebenen Person ankamen (nach ungefähr 1 ½ Stunden Abstiegt), alles wehtat. Noch mehr, als zuvor. Und da waren wir noch nicht mal wieder bei dem Auto. Dieses kam erst gute zwei Stunden später in Sicht, als die streunenden Hunde unsichtbar in den Bergen heulten und die Sonne hinter den Bergen verschwunden war. Ich war dann wirklich froh zu sitzen, auf einer weichen Unterlage, ohne mich irgendwo festhalten zu müssen.
Die Tage danach war ich dann krank. Ich hatte eine Erkältung und es hat gut eine Woche gedauert, bis ich Knie und Hüfte wieder ohne Schmerzen benutzen konnte. Meine Gefühle zu der Tour sind verschieden… Es war mehr Leid als Freude und durch den Wind oben konnte man den Ausblick nicht wirklich genießen. Wenn ich allerdings noch mal die Gelegenheit für solch eine Aktion bekomme, würde ich es wieder machen. Ich schätze mal daher, das es irgendwo spaß gemacht hat. Wenn es das nächste Mal ewas sicherer sein könnte, wäre es schön xD.
Kurz nach der Wanderung hat es oben auf den Spitzen geschneit. Der Anblick war ganz schön und ich war froh, dass die Gefahrenstufe „gefrorenes Wasser“ mir ersparrt geblieben ist.
In der Schule ging die Arbeit weiter. Inzwischen habe ich auch weniger Probleme damit, aufs Klo zu gehen. Wenn man ab 10m vor dem Haus ausschlißlich durch den Mund atmet, merkt man den Geruch fast gar nicht. Es ist halt, weil Winter ist, immer ziemlich kalt. Die Räume sind schließlich auf, damit die Düfte irendwo hin abziehen können. Allerding friert man sich dadurch regelrecht den blanken Arsch ab, auch irgendwie ganz unangenehm. Zum Thema unangenehm… Die Toiletten sind ja in einem Raum nebeneinander, mit hüfthohen Wänden als Sichtschutz dazwischen. Normalerweise, wenn die Schülerin merken, dass eine Lehrerin drinen ist, warten sie kurz. Das machen allerdings nicht immer und so ist es mir schon passiert, dass Schülerinnen vor meiner Nase hin und her gelaufen sind (wortwörtlich, es gibt keine Türen), während ich vesucht habe zu pinkeln. Mehrmals…
Die 3. und 4. Klassen sind noch mal in einem anderen Gebäude, als in den zweien, wo ich bisher gearbeitet habe. Die Klassenräume sind schön gestaltet, mit Bildern, die an die Wand gemalt wurden, vielen Pflanzen und entspannten Farben. Umso länger ich dort jedoch unterrichtet habe, desto größer wurden die schwarzen Flecken an den Wänden… Die Heizungen sind im Winter immer an, aber kein Fenster wird auf gemacht, da es sonst „zu kalt“ wird. Die Räume sind gute acht Stunden am Tag mit Menschen gefüllt, demnach ist die Luftfeuchtigkeit in den Klassenzimmern sehr hoch. Es hat eine Weile gedauert aber inzwischen beobachte ich fasziniert, wie die Schimmelflecken wachsen. Den größten Unterschied kann man immer nach dem Wochenende sehen; inzwischen sollte genug Pilz gewachsen sein, um Penicilin erneut zu entdecken. Ich sollte mal den Chemielehrern vorschlagen, den Unterricht in diese Zimmer zu verlegen… Aber mal im Ernst, es ist bestimmt schrecklich für die Gesundheit der Kinder und ich selber habe auch gegoogelt, wie lange ich mich in so einem Raum aufhalten kann, bevor ich krank werde… Der einzige Trost, den ich habe ist, dass sobald es wieder warm wird, es so warm ist(und trocken), dass der Schimmel von alleine sterben wird (hoffentlich).
Am 1. Februar haben wir Zuhause neue Bäume gepflanzt, Obstbäume die in ein paar Jahren mehr Schatten im Sommer spenden sollen. Zwei Tage später hatte dann die Oma von Muinakhon geburtstag. Und dieser Tag war STRESSIG. Früh morgens wurde angefangen zu kochen und das zog sich den ganzen Tag so hin. Ich glaube es gab keine halbe stunde, in der der Herd nicht an war… Und die ersten Gäste kamen so gegen halb neun. Morgens. Um ihren Respekt zu zeigen. (Persönlich finde ich es ja ziemlich respektlos zu einer Zeit aufzutauchen, zu der das Geburtstagskind noch schlafen könnte.) Sie haben Fleisch gebracht und sind nach 20min wieder gegangen. Aber so ging es den ganzen Tag. Gäste kamen, blieben für eine Weile und gingen dann wieder. Familie und bekannte, bis spät in den Abend. An dem Tag gab es natürlich wieder Plov, sehr lecker. Die Blumenstäuße, die die Oma geschenkt bekommen hat, hat sie am nächsten Tag Muinakhon und ihrer Schwester geschenkt. Diese sind dann auf den Markt gegangen, haben die dort wieder verkauft und haben sich davon eigene Sachen gekauft. Auf jeden Fall eine sehr interessante Vorgehensweise.
Mitte Februar ist die Familie von dem Mädchen, dem ich Nachhilfe gebe, kurzzeitig umgezogen. Also nicht so wirklich, sie leben jetzt grade für zwei Wochen im Haus der Oma. Diese ist wohl in Russlad für eine Operation und die Eltern der Kinder arbeiten den ganzen Tag. Deswegen brauchten sie jemanden, der auf die Kinder aufpasst. Der Innenhof des Hauses ist kleiner als der hier Zuhause, allerdings hat das Haus selbst mehr Zimmer. So viele, dass sie teilweise gar nicht genutzt werden. Ach ja, und einen Empfangsbereicht wie aus einem Märchen, mit riesigem Kronläuchter und Gemälde an der Wand. So ganz einfach, wird auch kaum genutzt, weil warum nicht. Nein aber mal wirklich, der Raum sieht so Märchenhaft aus, ich konnte mir vorstellen, wie der Prinz am Ende der Treppe auf die Prinzessin wartet, die grade die Stufen runter geht. Wäre der Raum ein bisschen breiter, wäre das meine Top Anlaufstelle, sollte ich jemals einen Ball organisieren. Und die Familie hat mir gesagt, dass das noch nicht mal viel ist. In der Nachtbarschaft soll es noch größere Häuser mit noch prunkvolleren Räumen geben. Leben tun dort ganz normale Menschen, nicht irgendwelche hohen Tiere in der Politik und sonst einflussreiche Personen. Warum sie solche Räume haben? Keine Ahnung, toll sieht es aber aus.
Apropo Tiere: als ich mit dem Mädchen „Was bin ich“ gespielt habe (natürlich auf deutsch), habe ich erfahren, das Tiere hier keine Lebewesen sind. Also sprachlich gesehen. Bevor ich dieses „Missverständnis“ aufgeklärt habe, hatte ich eine sehr schwere Runde als ein großes, braunes, mit Fell bekleidetes, unbelebtes Ding (ich war ein Bär).
Nun zum komplizierten, bzw. unschönen, Teil, warum ich ab nach dem Zwischenseminar in Georgien arbeite. Ich denke mal das Ganze ist ins rollen gekommen, als ich mit meiner Entsenderorganisation telefoniert habe. Über Aufgaben, die zum einen nicht in meinem Arbeitervertrag stehen und die mich zum anderen überfordern. Ich hatte versucht, das Thema auf Arbeit anzusprechen, hatte aber nicht das Gefühl, dass ich verstanden wurde. Somit hat dann also die Organisation mit meiner Arbeit gesprochen und den Hauptpunkt, den beide Seiten daraus mitgenommen haben war, dass ich hier nicht glücklich bin. Es gab dann kurz ein hin und her in einem Dreieck, bei dem ich versucht habe zu verdeutlichen, dass ich zwar nicht jeden Tag, auf Arbeit, glücklich bin, aber halt auch nicht unglücklich. Die Arbeit macht mir manchmal Spaß und manchmal stresst sie mich aber von meiner Seite aus könnte es die nächsten (und damit auch die letzten) drei Monate so weiter gehen (bis auf das zuvor angesprochene Problem mit den Aufgaben). Bis zu den Sommerferien Anfang Juni hätte ich kein Problem gehabt, den Rhythmus so weiter zu führen. Offensichtlich ist mein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen und vor gut einer Woche wurde ich hier gekündigt. Mit dem Grund, dass ich hier nicht glücklich erscheine. Persönlich würde ich sagen, dass es ein Problem auf der Arbeit gab, über das mit mir nicht gesprochen wurde und anstatt das Problem zu lösen, feuert man mich lieber. Ich könnte sogar noch weiter gehen und sagen, dass es ein Problem auf persönlicher Ebene war. Denn mit der Person, die mich gefeuert hat, habe ich seit Neujahr nicht zusammengearbeitet. Weiterhin erscheint es mir doch recht komisch, mich nach 6 Monaten zu feuern, wobei nur noch 2 ½ Monate (ohne Ferien) Arbeit wäre. Der Höhepunkt ist allerdings, dass ich nicht mal von meiner Arbeit erfahren habe, dass ich gekündigt bin, sondern Nachmittags (nach der Arbeit) von der Entsenderorganisation. Heißt die Menschen hier haben es mir nicht mal selber gesagt.
Ich bin jetzt ganz traurig, es meiner Gastfamilie gesagt zu haben, gehört mit den zu schrecklichsten Dingen, die ich jemals machen musste. Ich war dann auch erst mal krank, Kopfschmerzen und eine Erkältung, Gliederschmerzen, wie auch immer sich der Seelenschmerz ausdrücken wollte. Ich wusste immer, dass ich hier wieder weggehen würde, dass ich hier nicht länger als ein Jahr bleiben würde. Dass die zweite Hälfte jedoch wegfällt, ich alle meine Pläne, alles worauf ich mich gefreut habe, in den Wind werfen muss und mich innerhalb einer Woche von allem verabschieden muss, kam dann doch etwas unerwartet. Ich werde hier weder die Hochzeit von Muinakhons Schwester, noch das Navruz-Fest erleben. Ich werde die drei Monate im Sommer nicht durch Mittelasien reisen können und habe nun noch 3 Tage zeit, um allem lebe wohl zu sagen. Die letzten paar Tage habe ich damit verbracht, im Schnelldurchlauf so viel wie möglich in Chudschand noch zu sehen. Ich war im Museum, bin endlich mit den Gondeln gefahren und war im Carrera Jeans Outlet (btw. 3 Hosen hier kosten so viel wie die Hälfte einer Hose im Online Shop und so besitze ich nun eine 60€ Hose, die ich für grade mal 7€ gekauft habe). Ich möchte noch zum Kairakum, dem See in der Nähe von Chudschand, fahren. Das war die letzten Tage allerdings schwierig, da die Temperaturen von 16°C auf -4°C in 30 Stunden gefallen sind. Ich möchte noch den Flughafen von Chudschand sehen, die andere Großmutter von Muinakhon besuchen und traditionelle Kleidung kaufen. Oder zumindest etwas mit dem Muster.
Ich zweifle nicht, dass ich in Georgien keine schöne Zeit haben werde. Dort werde ich noch mal eine ganz andere Kultur kennenlernen und es werden sich mir bestimmt ganz andere Möglichkeiten eröffnen. Das alles macht die Trauer um das, was ich hier zurücklasse, nicht weniger. Erst recht nicht, wenn ich noch bis vor zwei Wochen damit gerechnet habe, hier bis Ende August zu sein. Wobei ich inzwischen wahrscheinlich mehr wütend als traurig bin, selten habe ich so einen dummen Grund gehört, um eine Person zu entlassen. Ich war auf Arbeit vielleicht nicht immer glücklich aber die Entscheidung die man für mich gemacht hat, macht mich definitiv unglücklich.
Ich fahre einen Tag früher zum Flughafen nach Taschkent, damit ich noch Zeit habe, die Stadt ein Bisschen zu sehen. Es geht dann zum Zwischenseminar und von dort aus an meine neue Einsatzstelle. In der Stadt Gremi, ungefähr drei Stunden Autofahrt von der Hauptstadt Tiflis entfernt, werde ich in der Temi Comunity arbeiten.
Nun gilt es, die letzten paar Tage so sehr zu genießen, wie möglich. Koffer zu packen und mit so viel Vorfreude, wie ich aufbringen kann, nach Georgien zu fliegen.