14 Mar
Die erste Woche in Temi

… ist wieder voller Eindrücke gewesen. Wobei es wohl etwas weniger waren, als in der ersten Woche in Tadschikistan. Evtl. liegt es daran, dass ich hier 10 Tage, bevor ich nach Temi kam, schon in der Hauptstadt unterwegs war. Es gibt auf jeden Fall genug Material, um einen neuen Eintrag zu verfassen xD

Es ist wirklich, wirklich, WIRKLICH frustrierend, mit der Sprache wieder von Null an anzufangen. In Tadschikistan konnte ich ja wenigstens irgendetwas, aber hier… Pah! Es gibt ein Paar Bewohner, welche auch Russisch sprechen können, der Großteil spricht allerdings Georgisch. Natürlich, wir sind hier schließlich in Georgien. Was die Sprache betrifft, kann ich nur einfaches Ja, Nein, Guten Tag, Danke, Bitte und manchmal auch ein „das ist nicht möglich/das darfst du nicht“. Grade kämpfe ich damit, mir das „Gesundheit“ zu merken. Ich kann zwar endlich das ganze Alphabet auswendig, aber irgendwie ist das nichts wahres. Lesen braucht man hier nicht wirklich, sprechen können muss man hier. Ansonsten endet es so wie mit mir und man geht wieder auf Stufe Pantomime über. Hände und Füße sind doch immer wieder überraschend gute Kommunikationsgegenstände. Ich hab immerhin noch die anderen Freiwilligen, die sowohl besser mit allen anderen sprechen können, als auch mit mir auf deutsch sprechen können. Und mit den Bewohnern spreche ich auch manchmal deutsch, auch wenn sie es nicht verstehen. Meine 10.000 Wörter am Tag bekomme ich also schon voll xD

Das nächst wichtigste nach der Sprache: Essen. Dazu ein Zitat von Pranzi (Franz, allerdings gibt es im georgischen kein „F“, deswegen benutzt man hier das „P“. Und Namen dürfen nicht auf Konsonanten enden, deswegen macht man das „i“ noch hinten dran. Ich werde „Apeni“ genannt): „Es gibt Formen von Brei, von denen ich bis vor Temi nichts wusste“. Und ich finde, das beschreibt die Situation sehr gut. Ich kann mir vorstellen, dass es was mit den Kau- und Esskünsten einiger Bewohner zu tun hat, dass man alles, was in der Schüssel ist, eigentlich sofort runter schlucken kann. Ohne irgendwie seine Zähne benutzen zu müssen. Morgens gibt es Milchreis, Buschweizen mit Käse, wahrscheinlich auch noch Grießbrei und dann halt noch die anderen, unbekannten Breie. Mittags gibt es meistens Suppe, manchmal gibt es noch Fisch oder Fleisch dazu, damit die Zähne sich gebraucht fühlen. Abends dann so etwas wie Nudeln, Suppe, Brei, Bohnen (aber in lecker) Kartoffelbrei. Um das ganze so hunger-technisch zu überstehen, gibt es Brot. In der eigenen Bäckerei selbstgemacht, das eine ist leckerer als das andere aber beide sind ok (es gibt nicht jeden Tag beide Brote). Dieses Brot verwandelt dann den Brei in etwas festeren Brei oder die Suppe in Brei… Es ist nicht wirklich eklig, das meiste schmeckt richtig gut und bisher gab es nur eine Suppe, die ich nicht mochte. Um sich zwischendurch wieder glücklich zu machen, gibt es z.B. beim Essen mal einen Salat (Kartoffel, Gewürzgurke, Karotte, anderes und noch ´n Haufen Majo), der ganz gut hilft. Oder man macht sich ein Sandwich. An dieser Stelle ein großer Dank an ehemalige Freiwillige, die einen Sandwichtoaster gekauft und ihn hier gelassen haben. Die Sandwiches bestehen dann aus Brot und dazwischen Käse. Der Käse schmeckt recht stark (für meine Verhältnisse), nur so, ohne Brot, würde ich ihn nicht essen. Aber warm und zwischen Brot ist das schon so ein kleines Highlight des Tages. Ansonsten gibt es natürlich noch den guten alten Dorfladen, wo man echt geile Kekse kaufen kann, oder man deckt sich mit Snacks ein, wenn man zur nächsten Stadt fährt.

Diese muss man dann verstecken, oder zu mindestens nicht auf dem Tisch im Freiwilligenraum liegen lassen. Denn in diesen kommen gerne mal andere Bewohner, welche sich genau so nach Snacks sehnen, wie wir Freiwilligen. Und so verschwinden Sachen hier gerne auch mal.

Eine meiner Aufgaben als weibliche Freiwillige ist es, morgens beim Abtrocknen und Zähneputzen zu helfen. Die Bewohner, die es selber nicht können, werden jeden Morgen ein mal abgeduscht, alle drei Tage werden ihnen die Haare gewaschen. Nun können sich auch nicht alle alleine trocken machen, deswegen muss  geholfen werden. Gestern war für mich das erste Mal, dass ich dort geholfen habe – zuvor war ich beim Bereich Zähneputzen – und es war… eine Überwindung. Ich glaube, dass beschreibt es am besten. Nun gehe ich mein ganzes Leben lang schon an FKK Strände und habe es mir wahrscheinlich nicht so vorgestellt, wie es letztendlich für mich war. Erster Punkt: die Frauen sind nackt und ich bin komplett angezogen. Dann muss ich sie (durch ein Handtuch) berühren. Und zu guter Letzt, können viele von ihnen mir kein „Nein“ mitteilen. Sie haben nicht wirklich eine Art mir zu zeigen „da grade nicht“ oder „stopp“, was das ganze sehr schwierig macht für mich. Heute war die Scheu die Menschen anzufassen (durch das Handtuch) schon sehr viel weniger, letztendlich sind sie dort ohne Kleidung und es ist noch nicht warm genug draußen, als dass man nicht frieren würde. Und tatsächlich ist jetzt meine größte Angst, dass mich jemand anfurzt, wenn ich ihnen die Beine von hinten abtrockne. Denn ein bisschen mit der Körpersprache arbeiten geht und ich habe gesehen, wie sie hier von den Pflegerinnen abgetrocknet werden… Und ich würde meine Art mich trocken zu machen bevorzugen, gegenüber der anderen Art. Allgemein ist die Pflege etwas… fragwürdig, so werden sie doch alle mit dem selben (Küchen!!) Schwamm gewaschen und mit den gleichen drei Handtüchern abgetrocknet. Wir Freiwilligen versuchen grade dafür eine Lösung zu finden, u.a. haben wir die Idee, Regale zu bauen, wo genug Haken sind, damit jeder dort ein eigenes Handtuch und einen eigenen Waschlappen haben kann. Auch für die Zahnputzbecher wollen wir eine bessere Halterung, als gar keine, bauen, diese sind nämlich oft noch nass und versifft und mehhh vom Vortag. Ich denke mal, sobald diese Sachen da sind, werden sie auch benutzt, weil dann sind sie ja direkt vor der Nase und müssen nicht erst noch gebaut werden oder dergleichen. Auf jeden Fall hoffe ich das.

Der grobe Tagesablauf sieht so aus: waschen, bis zum frühstück gute 40min hungern (xD), frühstücken, kurze Besprechung im Freiwilligenteam, was heute gemacht wird, Gruppenstunde, wo wir basteln, malen, mit dem Ball spielen usw., eine gute Stunde Pause, Mittagessen, Mittagsruhe, Spaziergang und danach hat man frei. Wobei frei mehr so relativ ist. Mir passiert es echt selten, dass ich nach dem Spaziergang einfach nur herumsitze und am Handy bin. Im Moment häkel ich mir einen Wäschesack (ich will nicht weiter eine Tüte benutzen) oder lerne lesen. Aber ich gehe auch gerne Holzhacken, denn auch wenn wir jetzt grade genug haben, werden die nächsten Jahre kommen und wir wissen nicht, ob es dann Freiwillige geben wird, die diese Arbeit übernehmen. Und so zieht sich die Zeit bis zum Abendessen, danach singen wir in großer Gruppe zusammen und folgend dessen wird meistens gespielt. Tischtennis zum Beispiel. Domino, Jokerie, oder Skat, alles Spiele, die ich hier neu gelernt habe.

Heute ist zum Beispiel Sonntag. Laut Vertrag haben wir heute frei, allerdings war ich heute beim Waschen dabei, werde nachher bestimmt wieder meine zwei Schubkarren Holz klein klopfen und was sonst noch so ansteht. Auf eine gute Work-Life-Balance kann man hier sehr gut achten, weil man sich jede Aufgabe die man macht selber sucht. Das macht es auch am Anfang schwer, sich nicht in seinem Zimmer zu verkriechen und den ganzen Tag zu lesen xD Aber zum Glück habe ich die anderen Freiwilligen, welche mir sofort gesagt haben wo es lang geht und was so die Norm ist. Demnach findet sich auch wenig Zeit zum Block-schreiben. Wobei das wahrscheinlich auch damit zusammenhängt, dass mein Zimmer und der Freiwilligenraum nur ein Decke trennt. Eigentlich ist es ein Raum, der durch den Stück Stoff zu zwei wird, hören tue ich aber trotzdem alles. Dadurch habe ich das Vorrecht abends, wenn ich schlafen gehen möchte, alle raus zu schmeißen xD. Aber auch sonst so bekomme ich schnell mit, wenn etwas gespielt oder unternommen wird, und wer kann da schon nein sagen. Grade jetzt am Anfang, wo das ganze noch so sehr einen Ferienlagervibe hat und die Gesellschaft noch seht toll ist. Wieder verbleibe ich mit dem Satz: mal sehen, wie dass in ein paar Wochen wird.

Die erste Nacht alleine in dem Zimmer stellte sich dann als gruseliger heraus, als vorgestellt. Denn kurz bevor ich eingeschlafen bin, habe ich ein hexenartigen Miauen gehört. Aber so in richtig laut, als würde die Katze – oder die Hexe – direkt unter meinem Fenster stehen. Und auf solche Geräusche sind natürlich die Hunde voll angesprungen, was dann nicht wirklich dazu beigetragen hat, dass es mir besser geht. Am nächsten Morgen stellte sich dann heraus, dass das Schakale waren, welche in den Bergen und im Wald hinter dem Grundstück leben. Und dabei hatte ich schon erwartet, am nächsten Tag mit einem Fluch belegt aufzuwachen… Mal ernsthaft, aus welchen Gründen müssen Tiere so gruselige Laute von sich geben? Nun, jetzt wo ich weiß, dass es nur kleinere Hunde sind und zwischen mir und ihnen nicht nur eine Wand ist (auch noch im 1. Stock) sondern auch zwei Hund sind, die aussehen, als würden sie zum essen töten, und nicht so, als ob sie oft Reste aus der Küche bekommen. Schrecklich niedlich sind sie trotzdem.

Ich habe auch eine Gruppe Katzen auf dem Hof gefunden. Diese sind allerdings recht scheu. Und auch sehr dünn. Viele Mäuse scheint es also nicht zu geben und, warum auch immer, sie bekommen keine Essensreste ab :( 

Um noch mal kurz zu veranschaulichen, wie hoch ich jetzt ungefähr bin: heute Morgen hätte eine kleine wanderung von evtl. 20min ausgereicht, damit ich durch die ersten Wolken gehe. Für mich ist das suuuper crazy. Allerdings sehen wir die Berge von dort aus, wo wir wohnen, nicht. Denn zwischen den Bergen und uns ist noch mal ein kleinerer Berg, welcher uns die Sicht versperrt. Wenn wir Nachmittags allerdings in die eine Richtung spazieren gehen, kann man gut in das Gebirge hineinblicken, jenes sieht dann immer sehr beeindruckend aus.

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