02 Sep
Anreise nach Chudschand

     Nun, was soll ich sagen… Es sind Bilder von mir im Umlauf, wie ich auf einem Rollstuhl sitzend, durch den Flughafen geschoben werde. Und nein, kein Fotoshop! Den Tag davor bin ich nach Berlin gestratzt, um endlich mein Visum zu bekommen. Natürlich in Schlappen, es war schließlich ein warmer Tag. Genau diese schlappen sind verheerender Weise kaputt gegangen und ich musste gute 30 Minuten barfuß durch Berlin laufen. Kling erst mal nicht weiter wild. Allerdings, und ich weiß nicht warum, haben sich monströse Blasen an meinen Sohlen gebildet. In der Botschaft konnte über meine Geschichte nur gelacht werden xD Normal laufen konnte ich erst mal nicht. Und so sollte es auch die nächsten Tag kommen.

     Am Flughafen hatte ich gefragt, ob ich für Istanbul einen Rollstuhl bekommen könnte. Da der Flughafen sehr groß ist und ich nicht wusste, wie weit ich laufen muss. Die Frau bei der Gepäckaufgabe war sehr freundlich, hat für mich einen Rollstuhl gebucht und kurze Zeit später entstanden die Bilder…

     Bei der Gepäckkontrolle wurden meine beiden Taschen raus gefischt, sehr unangenehm… In meinem Rucksack war das Deo, was zu viel/groß war, in meiner Tasche mein Haargel. Ohne besagte „Flüssigkeiten“ ging es also weiter. Über viele Abkürzungen, ein mal durch den duty free Bereich zu meinem Gate. Die letzte halbe Stunde verbrachte ich damit, aus dem Fenster zu starren. 

     Beim Boarding fiel ich, dank des Rollstuhls, in die Kategorie „priority Passenger“, wir wurden zuerst ins Flugzeug gelassen und mussten nicht lange anstehen.

     Im Flugzeug saß ich am Gang, der Platz in der Mitte blieb frei, und am Fenster saß ein Mann, der sich später als Kirill vorstellte. Ich hätte wetten können, dass er aus England kommt. Als wir uns dann unterhalten haben, stellte sich heraus, dass er in Russland geboren wurde und aufgewachsen ist. Er war eine Zeit in Norwegen, Deutschland und den USA, nun war er auf dem Weg nach Kenia. Trotz seines langen Aufenthaltes in den USA, hat er sehr britisches Englisch gesprochen. Mit Akzent und allem drum und dran. Während des Fluges schaute ich den Mario Bros Film und wir unterhielten uns ein bisschen darüber.

     Das Essen im Flugzeug war der absolute Hammer! Es gab Hühnchen und Kartoffelbrei, Quark und ein bisschen Gemüse. Ein Brötchen, Butter und ein kleines Stück Schokoladenkuchen. Das Hähnchen war unglaublich gewürzt. Und mit dem Quark dazu so verdammt lecker, ich hätte mich reinlegen können.

     Mit 30 Minuten Verspätung landete das Flugzeug in Istanbul. Theoretisch hätte ich nur noch eine Stunde für den Umstieg gehabt, mein nächster Flieger hatte aber auch eine Stunde Verspätung, deswegen war der Zeitdruck weg. Für ungefähr 5min.

     Beim Aussteigen aus dem Flieger war ein Rollstuhl zu wenig da und ich bin ein Stückchen gelaufen. Mir wurde gesagt, das am Ende des Ganges einer auf mich warten würde.

     … Am Ende des Ganges war niemand. Ich landete Gate F2 und musste zu A6. Also nur einmal über den ganzen Flughafen. Das Praktische an Flughäfen ist ja, dass sie oft Schilder haben, die einen die Richtung und ungefähre Laufzeit zu dem Ziel anzeigen. Nun, für eine 10-12 Minuten strecke habe ich locker 30 gebraucht.

     An dem Punkt war ich am schwitzen. Nervös und gestresst humpelte ich so vor mich hin, mit jeder Minute mehr schmerzen in meinen Füßen. Doch dann die Rettung: ein Schild, auf dem „Care Area“ stand. Mit letzter Kraft schleppte ich mit zu dem Bereich und stand dann mit zitternden Beinen vor dem Tresen. Die beiden Frauen dort waren sehr nett, ich brauchte nur meine Boarding-Karte hingeben und sollte dann kurz warten. Wir sollten dann auf eins der Fahrgeräte gehen, wo 8 Menschen drauf Platz haben. So wurden wir also die letzten 200m gefahren. Ein sehr komisches Gefühl wieder, schließlich war ich die Einzige auf dem Auto, welche unter 50 war. Viel unterhalten konnte ich mit mit meiner Sitznachbarin leider auch nicht, sie hat leider nur Türkisch gesprochen.

     Am Gate angekommen war auch schon der letzte Aufruf, nun endlich mal einzusteigen. Also grade noch rechtzeitig. Im Flugzeug saß zuerst eine Frau auf meinem Platz, neben ihrem Mann. Nachdem ich mit der Flugbegleitung gesprochen hatte, durfte ich auf dem Fensterplatz sitzen bleiben, auf dem ich mich als Ausweichmöglichkeit gesetzt hatte. Leider nicht lange, denn obwohl die Flugbegleitung mir versichert hatte, dass die Plätze frei sind, waren sie es nicht. Kaum ein Platz in dem Flugzeug war frei. Also musste ich doch meinen eigentlichen Platz einfordern. Die Frau ging darauf hin 3 Reihen nach vorne, der Mann rückte einen Platz nach rechts, an seine Stelle kam ein jüngerer Mann, dann ich ganz am Gang. Noch bevor das Flugzeug in der Luft war, unterhielt ich mich ein wenig mit den beiden Menschen. Der Vater hatte viele Fragen und sein Sohn hat sie mir in Englisch gestellt. Auch, wenn das ein kleines Problem war, weil wir uns nicht immer ganz verstanden hatten. Jedenfalls wurde ich nach 20minuten gefragt, ob ich einen Freund habe und ob es einfach sei, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen, wenn man mit einer deutschen Frau verheiratet ist. Mein Unwissen half mir in dem Fall weiter und das Thema wurde fallen gelassen.

     Als das Flugzeug startete, muss ein wunderschöner Sonnenuntergang zu sehen gewesen sein. Ich habe leider nur das goldene Licht durch die Fenster scheinen sehen :( Etwas Klischeehaft, ich fliege in den nahen Osten und automatisch bekommt alles einen goldenen Filter xD

     Während des Fluges war ich auf Toilette und habe es gewagt, mir meine Füße anzuschauen. Die Blasen waren wieder voll mit Wundwasser, was auch erklärte, warum meine Sohlen schmerzten, ohne dass sie etwas berührten. Als das Essen kam, war ich grundsätzlich in Panik verfallen. Schließlich war es mit meinem Landen in Duschanbe noch nicht getan, ich musste noch durchs ganze Land kurven, mehr als keinen Schritt mehr tätigen. Darauf hin wurde mit schlecht, schwindelig, unwohl und ich schwitzte schon wieder. Bemerkenswert, wie alleine Gedanken und Ängste unseren Körper plötzlich treffen können.

     Ich ging also auf die Toilette mit dem Motte: wen ich mich jetzt ein Mal ganz doll aufrege, kann ich danach mit meinem Leben weiter machen. Als ich die kleine Kabine wieder verlassen wollte, war zwischen mir und meinem Platz der Essenswagen und zwei Flugbegleitungen. Ich bleib also auf dem Klodeckel sitzen, versuchte meine Fassung zu wahren. Allerdings nicht mit Erfolg, die Flugbegleiterin bemerkte mein Gesicht und fragte, ob alles okay sei. Was das Ganze natürlich sehr viel schlimmer gemacht hat, es auszusprechen ist halt  noch mal etwas Anderes, als es nur zu denken. Mit weinerlicher Stimme erzählte ich ihr also von meinem Problem(en), mit meinen Füßen konnte sie mir nicht helfen. Nun, was macht man schon gegen Blasen, die zu groß für jedes Blasenpflaster sind? Gegen den Schwindel bekam ich viel Wasser. Nachdem der Wagen durch war, holte ich mein Nähkitt und Desinfektionsmittel aus meinem Handgepäck und schloss mich wieder auf Klo ein. Mit mühevoller Kleinarbeit fädelte ich den Faden in die Nadel und zog diese dann durch die einzelnen Blasen. Als das Wasser und Druck nachließen, war es eine große Erleichterung. Ich dachte, ich hätte schnell gearbeitet, nichts desto trotz kam die Flugbegleitung zwei mal, um zu schauen, ob alles ok ist. Lieber so, als das ich auf dem Klo umkippe und niemand etwas merkt.

     Zurück auf meinem Platz sah ich dann, dass ich gute 40min beschäftigt war, die Zeit verging wie im Flug xD

     Auch auf dieser Strecke war das Essen vorzüglich. Diesmal waren es Nudeln und frisches Gemüse, Brötchen und Butter und wieder ein kleiner Kuchen.

     Nach 3 ½ Stunden landete das Flugzeug in Duschanbe. Die Flugbegleitung hatte mir versichert, dass ich einen Rollstuhl bekommen würde. Denn auch, wenn die Blasen halbwegs „behandelt“ waren, Schmerzen hatte ich trotzdem. An den Stühlen entlanghangelnd bin ich also nach ganz vorne ins Flugzeug gegangen. Vorne warteten bereits wieder Menschen, auch wieder Ü50 alle, das komische Gefühl ließ nicht lange auf sich warten. Nach 10min sollten wir alle das Flugzeug verlassen, es waren für alle genug Fahrmöglichkeiten da. Bis auf meine. Ich wollte also wieder versuchen zu laufen, die Flugbegleitung hat dann etwas im harschen Ton zu einer Person gesagt. Zu mir meinte sie nur, dass ich waren soll. Der Mann meinte wohl zu ihr, dass ich laufen soll und sie hat darauf bestanden, dass ich auch abgeholt werde. Ich habe mich also auf den Boden in dem kleinen Vorraum vor dem Flugzeug gesetzt. Etwas komisch angeschaut wurde ich, verständlich. 

    Der Pilot kam kurz zu mir und hat sich für sein Land entschuldigt. Nachdem ich versucht hatte zu sagen, dass es absolut kein Problem ist zu warten, haben wir uns noch kurz über Tadschikistan und Duschanbe unterhalten. Was ich so darüber gelesen hatte und seine Erfahrungen. Als der Rollstuhl kam, verabschiedete ich mich von der Crew. Durch die Passkontrolle ging es auch geschmeidig, sobald du in einem Rollstuhl sitzt, wirst du überall vor gelassen. Meiner Meinung nach etwas komisch, für mich war es im Rollstuhl sehr viel komfortabler, als wenn ich die ganze Zeit hätte stehen müssen (ohne Verletzungen). Also könnte man im Rollstuhl sich zumindest genau so in die Reihe begeben, wie alle anderen auch. 

     Nun, durch die Passkontrolle bin ich gut durchgekommen, nach dem Test für Herp.A/B wurde nicht gefragt… also auch den umsonst gemacht. Das Gepäck war schon längst da und wurde teilweise schon von dem Band runter gestellt, warum auch immer. Ich hatte also dann zwei Leute, die mir geholfen haben, einer hat mich geschoben, der Andere mein Gepäck xD 

     Eigentlich sollte mich jemand vom Flughafen abholen. Ich hatte aber weder seine Telefonnummer, wusste nicht wie er aussieht und wie er heißt. Supaa Vorbereitung… Es schwirrten verschiedene Menschen um mich herum, von einer Person bekam ich WLAN, damit ich Muinakhon anrufen konnte (Muinakhon ist die Tochter der Gastfamilie, bei der ich wohne). Am Ende hatte ich die Wahl, ich hätte direkt mit dem Taxi nach Chudschand fahren können. Die Schwester des Mannes, der mir WLAN gegeben hat, hatte mir allerdings auch angeboten, das ich die Nacht bei ihnen verbringen könnte. Und da eine 5Stunden Fahrt in der Nacht, über ein Hochgebirge nicht all zu attraktiv klang, ging ich mit der Netten Familie mit. Zwei Schwestern, ein Bruder, ihre Mutter, Cousine, Tante und ein Kind der einen Schwester. Zusammen haben wir uns auf den Weg zu den Taxis. Taxen? Was auch immer die Mehrzahl von Taxi ist.

     Duschanbe bei Nacht war atemberaubend. Über der Straße hingen Lichter, vieles war bunt beleuchtet. Nicht ein komisches, es ist zu viel bunt. Mehr ein angenehmes, gemütliches bunt. Fotos konnte ich leider keine machen, eine der Schwestern hatte mein Handy, um mit Muinakhon zu telefonieren, ihr zu erzählen, wo ich bleibe und wie sie mich am nächsten Tag weiter schicken werden.

     Bei ihnen Zuhause angekommen gab es kurz die Befürchtung, der Fahrstuhl würde nicht funktionieren. Dies hätte bedeutet, in den 7.Stock zu gehen, in meinem Zustand unvorstellbar. Ich konnte zu dem Zeitpunkt kaum stehen, geschweige denn viel oder schnell laufen… Der Fahrstuhl ging dann zum Glück doch, auch wenn er etwas zu viel geruckelt hat.

     In der Wohnung wollte die Mutter der Familie direkt meine Füße sehen. An dieser Stelle ein ganz großen Dank an den Google Übersetzer, der mir mehr als nur den Arsch gerettet hat xD Ich habe etwas zu essen bekommen, Spagetti mit Hackfleisch. Wieder unglaublich gut gewürzt, eine Soße war nicht nötig. Und natürlich Brot, Tee und Quark. Ich habe zusammen mit dem Bruder gegessen, die Schwester, welche mich eingeladen hat, hatte den Rest der Familie begrüßt. Sie wohnen alle in dem einen Hochhaus, in verschiedenen Wohnungen, auf verschiedenen Stockwerken. Der Bruder hatte mich gefragt, ob ich scharfes Essen probieren möchte. Ich habe versucht, ihm im gebrochenen Russisch zu sagen, dass ich dieses Essen nicht sehr gut vertrage, weil wir wenig scharf in Deutschland essen. Er holte die Jalapeño trotzdem aus dem Kühlschrank, wie gesagt, gebrochenes Russisch nur… Er teilte sie und biss ein bisschen ab, fluchte, trank Wasser, aß Brot, fluchte noch mal und hielt sie mir hin. Ich biss das kleinst mögliche Stück ab, fluchte, trank Wasser, aß Brot, putzte mir die Nase. Und trotzdem war es nicht so schlimm, wie die in Sirracha-Soße getränkten Nudeln, die ich mal bei einem Klassenkameraden probiert hatte. Nochmal abgebissen habe ich trotzdem nicht.

    Eine große Ungewissheit stand mir noch bevor: wie sehen die Toiletten aus? Ein Stein viel mir vom Herzen, als es die Handelsüblichen waren, hinhocken mit meinen Füßen wäre nicht gegangen.

     Geschlafen haben alle Frauen in einem Zimmer. Also die zwei Schwestern, ihr Kind, die Mutter und ich. Das Zimmer hatte eine Klimaanlage, zum Glück, es waren nämlich 30Grad in der Nacht. Gelandet bin ich gegen halb 2, geschlafen habe ich erst nach 4 Uhr. Aufgewacht bin ich das 1. Mal um 8, letztendlich aufgestanden so gegen 10 Uhr. Ich habe mit der Mutter und der Schwester Frühstück gegessen, wieder Brot, Tee, etwas, dass ich nicht benennen kann und Früchte.So leckere Früchte! Die Pfirsich haben unglaublich geschmeckt, die Himbeeren so süß, wie nie zuvor. Es war ein Traum.

     Genau so, wie der Blick aus dem Küchenfenster. Einmal über Duschanbe. Wobei es etwas komisch ist. Man sieht hoch moderne Häuser neben sehr alten. Baustellen und Ruinen, alles direkt nebeneinander. Prunkvolle Bauten, wie zum Beispiel die Bibliothek oder das Gericht neben halb zerfallenen Wohnhäusern, Kaufhallen die seit dem Zerfall der Sowjetunion nicht mehr in Schuss gehalten worden sind. Und dann Springbrunnen und Gärten voller Blumen, viele Monumente auf kaputtem Boden. Überall das Bild des Präsidenten.

     Was sehr bemerkenswert ist, sind die vielen Menschen, welche daran Arbeiten, dass die Stadt, ihre Straßen und Parks, sauber und gepflegt aussehen. Dort, wo es möglich war, waren Blumen am Straßenrand zu finden, super gepflegt und Unkraut frei. Es sah besser aus, als mein Schulgartenbeet in der 6. Klasse...

     Mit der Mutter fuhr ich zu erst zu einer Bank. Was so viel heißt, wie zweit Menschen sitzen hinter einem kleinen Tresen aus Holz, in einem Raum, so groß wie ein Schlafzimmer. Ich ließ also meine Euro in Somi wechseln, für 10Euro bekommt man 100Somi (ungefähr). Danach wurde ich in ein Taxi gesetzt. Die Mutter hat dem Taxifahrer die Nummer von Muinakhon gegeben, damit dieser sie an einen anderen Fahrer weiter geben kann, damit dieser Muinakhon anrufen kann, wenn wir in Chudschand sind. Denn eine SIM-Karte hatte ich immer noch nicht… 

     Es gibt zwei Arten von Taxis. Einmal diese, die nur in den jeweiligen Städten unterwegs sind, und solche, die zwischen den Städten fahren. Der 1. Taxifahrer hat mich also zu dem Platz gebracht, wo die anderen Taxis los fahren. Die Fahrt insgesamt (erst zur Bank und dann zum Stand) hat ungefähr 40min gedauert, bezahlt habe ich umgerechnet nur 5€. Die Menschen, bei denen ich geschlafen hatte, haben mir versichert, dass sie den 1. Taxifahrer sehr gut kennen und dass er mir ein gutes, vertrauenswürdiges Taxi suchen wird. Ich bin dann in das Taxi gestiegen, von den Menschen, die uns als erstes auf dem Parkplatz angesprochen haben. Wobei das eher eine Untertreibung ist. An der Einfahrt zum Parkplatz standen verschiedene Menschen, in das Taxi derer, die als ersten Chudschand gesagt haben, bin ich dann auch gestiegen.

     Für die Fahrt musste ich im Vorhinein 200Somi, also 20Euro, bezahlen. Angesichts der 6 Stunden Fahrtzeit ist das nix. In dem Auto saßen dann insgesamt 7 Menschen, mein Platz war ganz hinten. Platz war auf meinem Platz eher weniger, ich saß die meiste Zeit im Schneidersitz.

     Neben mir saß ein Junge, er studiert in Russland und besucht grade Familie in Tadschikistan. Für ihn war mein gebrochenes Russisch und meine Fähigkeiten, dass, was er sagt, zu verstehen, sehr schnell frustrierend und wir kommunizierten größtenteils über den Übersetzter. Vor mir saß ein Mann, Achmed, welcher in Chudschand lebt. Von ihm wurde ich schon nach 10min gefragt, ob ich einen Freund habe und ob ich ihn heiraten möchte. Ich habe also die Qual der Wahl… 

Spaß bei Seite, Mann über 50, Körperkontakt suchend, mehr als nur unangenehm. Glücklicher Weise Verstehen und respektierten viele hier ein klares "Nein" und der Rest der Fahrt blieb entspannt.

     Die Berge waren der Wahnsinn! In allen Farben des Regenbogens (Lila mit viel Phantasie) und sooooo hoch. Hochgebirge halt. In der Stadt hatte ich bereits bemerkt, dass das Fahren sehr viel Nerven von mir verlangen würde. Auf keinster weise habe ich mit dem Gerechnet, was mich erwarten würde. Auf einer Seite Felsen, auf der Anderen ein Abgrund. Vor uns ein Auto und das Motto des Fahrers: so lange ich kein Auto sehe, das entgegenkommt, überhole ich. Und es war ganz gleich, ob du weit sehen konntest, oder grade direkt vor einer Kurve warst. Es. Wurde. Überholt. Ich bin immer noch erstaunt, dass ich lebe. Ok, die Straßen waren so breit, dass locker 3 Autos nebeneinander gepasst hätten. Nichts desto trotz, mit teilweise 40, 50 oder 60 kmh durch die Berge und dann auch noch Überholen, mir ist mehr als ein mal das Herz stehen geblieben.

     Zwischendurch haben wir eine Pause gemacht, Tee getrunken und etwas gegessen. Ich hatte Hühnchen wieder so es hat mir die Sprache verschlagen. Leicht sauer und wieder zum reinlegen. Noch nie habe ich so gutes Huhn gegessen. 

     Doch dann: die Toilette. Das befürchtete Hock-Klo. Nun, ohne fließend Wasser oder richtige Kabinen. Zum Glück haben meine Füße mitgespielt…

      Als wir aus den Bergen raus sind, hatten wir noch gut 1 ½ Stunden über flaches Land vor uns. Die Straße wurde etwas breiter, immer noch Zweispurig. Innenalb der Markierungen haben auch nur zwei Autos nebeneinander gepasst. Doch wenn eh langsam fahrende Autos jeweils etwas über die Seitenmarkierungen gefahren sind (etwas heiße, sie sind fast gar nicht mehr auf der Straße gefahren), dann wurde auch gerne mal von beiden Fahrtrichtungen, gleichzeitig und auf einer Höhe, überholt. Wenigstens wartete nicht der sichere Tod auf beiden Seiten, sondern nur schwere Verletzungen… Auf dem Weg habe ich viele Menschen aus den Mathebüchern gesehen. Ob ein Fahrrad, bepackt auf allen möglichen Flächen mit Tomaten (so unendlich viele Tomaten), Autos mit einem Fahrer und sonst nur Wassermelonen, oder Körbe voller Gurken. Den ganzen Straßenrand zogen sich die Verkaufsplätze. Eine großer Unterschied zu den Bergen. Dort war für mehrere Kilometer keine Person außerhalb eines Fahrzeuges, und plötzlich dann ein Kind, welches etwas verkauft (was genau, konnte ich nicht sehen), damit dann wieder Meilenweit niemand zu sehen ist. 

     Außerhalb der Berge war es natürlich viel wärmer, ich bin im Auto hinten fast gestorben (wegen der Hitze diesmal).

     Kurz vor dem Taxistand in Chudschand, hat dann der Fahrer Muinakhon angerufen, sie und ihre Schwester haben mich abgeholt. Wieder mit einem Taxi, im Vergleich zu Deutschland kostet es aber auch ´nen Appel und ´nen Ei.

     Hier bei Muinakhon wohnt auch die ganze Familie zusammen. Aber nicht in einem Hochaus in verschiedenen Wohnungen. Es ist mehr ein Zimmer-/Wohnkomplex, mit einem großem Innenhof in der Mitte. Über diesem hat man Zugang zu der Toilette, der Küche und zu den anderen Zimmern.

   

  Hier wurde ich sehr herzlich empfangen. Jeder hat mir seinen Namen gesagt, ich habe mir keinen einzigen gemerkt. Noch rede mich mich damit raus, dass ich nicht mal 24std hier bin… Am Abend kam die Mutter von Muinakhon wieder, hat mich kurz vermessen und eine halbe Stunde später sah ich so:                  

  aus. Es ist nicht üblich, im Haus eine kurze Hose zu tragen. Daher sind die langen Hosen mit einem sehr dünnem Stoff. Und das Outfit ist so sehr bequem. Das Gummi an der Hose hat die perfekte Länge, dass die Hose oben bleibt, aber nicht quetscht. Und alles ist sehr weit, man kann sich gut bewegen. Ich fühle mich sehr wohl in den Klamotten.

          Ein Highlight des Tages war es noch, zu duschen! Ich habe mich so dreckig und verschwitzt und eklig und ahhhh gefühlt, nach dem Duschen ging es mir deutlich besser. Grade nach der Autofahrt war es dringend nötig…

     Der restliche Abend verlief sehr ruhig, Muinakhon, ihre Cousine und ich haben noch einen Film geschaut, bevor wir Schlafen gegangen sind. Die Tür blieb auf, der kleine Vorhang oben. Und trotzdem war es sooo warm. Muinakhon war sogar ein bisschen kalt, ich lag im Bett und wusste nix mit mir anzufangen. Und weil der Vorhang oben war, kamen Mücken ins Zimmer. Unangenehm viele kleine, die schnell sind. Mückenstiche habe ich heute morgen allerdings keine gefunden. Aber die Mücken waren da! Ich habe sie gehört! Allgemein war es sehr laut. Von der Straße kam viel Musik, Menschengerede. Und die Insekten sangen auch ihr Lied. Sobald allerdings irgendwo eine Tür aufgegangen ist, waren sie abrupt still. Hell war es auch, die Lampe draußen blieb an. Ich habe mich ernsthaft gefragt, wie die Mücken ins Zimmer kommen, wenn es draußen so hell ist. Nachdem ich alle restlichen Level (145) von einem mittel schweren Spiel, was ich ohne Internet spielen kann, durchgespielt hatte, war ich auch müde genug, um endlich zu schlafen.

     Aufgewacht bin ich heute so gegen 9 Uhr, Muinakhon war schon aufgestanden. Immer noch in dem Outfit, musste ich mich nicht weiter Anziehen, und ging raus. Heute hat der kleine Bruder von Muinakhon Geburtstag. Ich habe ihm also einen schönen Geburtstag gewünscht und mich zum Frühstück gesetzt. Es gab Brot, Honig, Quark, Butter, Würstchen und Crêpes. Nur, dass sie nicht Crêpes heißen, sondern irgendwie anders.

     Der Onkel von Muinakhon fing dann an, mir diese Crêpes mit Honig drauf fertig zu machen. Und so hatte ich auf einmal 3 Crêpes zu essen. Als ich mit diesen fertig war, ist der Onkel aufgestanden und Muinakhons Vater setzte sich an seiner Stelle hin. Auch er fing an, mir die Crêpes zu machen. Allerdings konnte ich da rechtzeitig sagen, dass ich satt bin, und somit ein weiteres überessen vermeiden. Seit dem Frühstück (es ist grade 17.30), gab es keine halbe Stunde, in der mir niemand etwas zu Essen in die Hand gedrückt hat. Verhungern werde ich also auf keinen Fall.     

     Meinen Füßen geht es heute auch sehr viel besser. Gestern hat noch die Großmutter darauf geschaut und mir etwas zum desinfizieren gegeben. Laufen und gehen ist nun sehr viel leichter, als die Tage davor, zum Glück. Schulstart mit diesen Füßen wäre ja tödlich gewesen… 

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